Abenteuerurlaub: Tagliamento Kanu-Tour – auf dem König der Alpenflüsse mit dem Kajak reisen

Der Tagliamento im Friaul gilt als der König der Alpenflüsse und bildet einen klassischen – fast ursprünglichen – alpinen Wildfluss mit unzugänglichen Schluchten im Oberlauf und einen ungezähmten mäandrierenden Tiefebenenfluss im Unterlauf. Das Besondere: Er ist noch quasi unreguliert. Für wen wäre er also geeignet als für „the best paddler you’ve never heard of“ – Horst Hattinger. Mit seinem verlässlichen Kajak-Partner Martin Spießberger und dem urbayerischen Naturburschen Stephan Pilzer bezwingt er bei diesem Abenteuerurlaub den Fluss in Norditalien in der gesamten Länge von der Quelle bis zur Adria. Von uns wie immer größte Bewunderung für diese sportliche – aber auch mentale – Meisterleistung. Tagliamento Kanutour extrem – auf Wildwasser im Einklang mit der Natur!

Tagliamento – den Fluss in Norditalien von der Quelle zur Adria paddeln

„Am König der Alpenflüsse“

„Jeder, der über Tarvis nach Italien reist, muss an ihm vorbei: Der Tagliamento darf als einer der letzten großen Wildflüsse der Alpen auf 172 Kilometern ungezähmt von den Bergen bis zum Meer fließen. Über die Jahrtausende hat er in der Ebene Friauls einen weitläufigen Korridor mit einer intakten Aulandschaft geschaffen. Von seinem Ursprung am Passo della Mauria bis zur Mündung in die Adria verzaubert er mit seiner azurblauen, türkis- bis smaragdgrünen Schönheit und den umliegenden Schätzen.“

– aus „Am Tagliamento“ von Werner Freudenberger

Ein Abenteuerurlaub auf dem Tagliamento – kein Zufall

Selten gebe ich mich den Massenmedien hin, aber dann und wann drehe ich beim Autofahren den Radio auf; so kommt es, dass ich wieder einmal auf Ö1 schalte. Es läuft eine Sendung über einen Fluss. Ich werde aufmerksam und es wird über eines der letzten sehr naturnahen Flusssysteme der Alpen, den Tagliamento, berichtet. Mit großer Freude verfolge ich diese Sendung, denn normalerweise werden unsere Flüsse in den Massenmedien stets eher als Randerscheinung erwähnt. Kaum jemand hinterfragt wirklich das letzte Zubauen unserer Lebensadern. Dabei müsste gerade der kritische Naturliebhaber bald einmal entdecken, dass fließende Flüsse ganzheitlich betrachtet nicht nur für den Wassersport eine Bedeutung haben. Viktor Schauberger erkannte schon vor 100 Jahren, dass Flüsse eine „Intelligenz“ haben und nichts an ihnen und um sie dem Zufall überlassen ist.

Ein sensibler, naturnah fühlender Mensch spürt den Schmerz der Betonwüsten um unsere Bäche und selten findet man Menschen, die es nicht bewusst oder unbewusst als angenehm empfinden, einen kleinen, plätschernden Bach entlang zu spazieren.

Wird ein Fluss eingedämmt, so „arbeitet er an seiner Befreiung“ und es ist nur eine Frage der Zeit, wann er sich loskettet. Gerade in der kalten Jahreszeit, wenn wir am meisten das von ihm bräuchten, was wir ihm stetig abzuringen versuchen – seine für uns nützbar umgewandelte Kraft – schläft oder schlummert dieses System; aber wehe, wenn das Frühjahr den Schnee zum Schmelzen bringt.

Am Tagliamemto gibt es nur ein Kraftwerk und Bewässerungsableitungen; Eingriff genug und dennoch ist er für „Alpenverhältnisse“ ziemlich ohne Ketten. An seinen Ufern leben alle Tiere, die bei uns lange zu bösen Räubern abgestempelt wurden und zu denen wir jeglichen Kontakt verloren haben. Wir haben nur einen Weg gefunden: sie auszugrenzen.
Am Tagliamento haben sie noch Raum und so geschieht es auch, dass wir bei unserer Befahrung am helllichten Tag am Fluss 2 Mal Füchse beobachten können. Ein Tier, das bei uns schon lange fast nur noch nachtaktiv ist. Oder ist es einfach wieder nur ein Zufall. Ich glaube nicht an Zufälle oder besser gesagt, habe versucht (wieder) zu lernen, dass wir eigentlich kein Zufallsprodukt sein können.

Darum ist es auch kein Zufall, dass meine Mama an einen ganz anderen Ort auch das Radio einschaltet und die selbe Sendung hört. Sie bestellt für mich als Weihnachtsgeschenk das Buch „Am Tagliamento“ von Werner Freudenberger, das am Ende der Sendung empfohlen wird.

So kommt es dazu, dass am Weihnachtsabend eine Idee geboren wird: Ich paddle den Tagliamento von ganz oben bis ins Meer und meine Eltern holen mich an der Adria ab. Mein Papa ist ohnedies ein ehemaliger Kanute; auch wenn er nicht mehr am Kajak sitzt, so freut er sich dennoch, am Fluss zu sein.

Ideen werden geboren und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie umgesetzt werden. Beim Planen ist das oft viel komplizierter und beim Träumen bleibt es oft beim Traum. Aber Ideen…

0. Anreise. Blick in die Schlucht des Tagliamento von der Straße.

Wie bezwingt man den Tagliamento via Kanu?

Um den Fluss theoretisch durchgehend paddeln zu können, muss man zum einen schweres Wildwasser meistern und zum anderen auch im Kopf stark genug sein, um stundenlang Flachwasser zu paddeln. Zudem muss man wirklich jene Tage erwischen, an denen Schmelze und Regen genug Wasser liefern, um ein Einsetzen auf fast 1000 Höhenmetern in Forni di Sopra möglich zu machen. Klassisch einen Termin festzulegen ist fast unmöglich. Man muss eben genau zum richtigen Zeitpunkt sein Material zusammen packen und starten.
So geschieht es, dass ich etwa um den 04.04. das Gefühl habe, wir sollten das Projekt in Angriff nehmen. Martin Spießberger – einer meiner verlässlichsten Partner – ist bald „im Kader“; „zufällig“ ist es sein erstes freies Wochenende nach einer langen Saison am Arlberg. Ebenfalls dabei: Stephan Pilzer, der Urbayer, der in Obertraun seine neue Heimat gefunden hat. Er ist ein verlässlicher Naturbursch, der auch im Kopf stark genug ist, um ein Projekt dieser Art durch zu ziehen. Auf Skitouren ist er bereits seit Jahren ein guter Freund und Partner und nun nehmen wir auch dieses Wildwasserprojekt gemeinsam in Angriff. Meine Eltern als Shuttledienst und Support, um 2 eingedeutschte Begriffe zu verwenden.

Ein paar Stunden in der Schule getauscht und am 12.04. ist es so weit. Am Abend kommen wir in Forni di Sopra an. Es regnet wie aus „Schaffeln“ und wir beziehen am Campingplatz Tornerai ein angenehmes Apartment.

Tag 1 am Fluss: Abenteuerurlaub auf dem Tagliamento

Am Morgen des 13.04. organisieren mein Vater und ich für die Mannschaft das Frühstück. Vier Grad und immer noch tief hängende Wolken, sowie frischer Schnee bis ins Tal machen es einem schwer, sich damit anzufreunden, dass es schon bald aufs Wasser geht. Der ursprüngliche Greißler, der seinesgleichen sucht, bringt Wärme zumindest in das Herz und gefüllte Mägen.

Etwa gegen 11 Uhr ist es dann soweit; wir booten ein. Die Sonne scheint bereits dann und wann durch die Wolken. Doch schon nach 500 m ist die Reise fast vorbei, denn ich paddle zu nah an eine künstliche Stufe (eine von vielleicht 8 auf 170 km!), kann mein Boot nicht mehr anhalten und stürze quer über einen 2,5 m hohen Abfall auf einen wüsten Steinverhau. Zwischen Beton und Stein bleibe ich eingezwängt hängen und die Wassermassen prasseln auf meinen Rücken. Glücklicherweis habe ich meinen Kopf über Wasser und kann mich befreien. Ich atme tief auf am Ufer; das Kajak ist gefüllt mit Wasser und ich bin mir sicher, dass mir dieser Fehler wieder einmal als Warnsignal gefehlt hat. Außerdem einmal mehr ein Beweis, wie gefährlich alles ist, das von Menschenhand in die Flüsse betoniert wird. Das wäre fast das Ende – nicht nur – der Tagliamentoreise gewesen und ich bin dankbar, dass ich eine Lektion erhalten habe, aus der ich sicher etwas lerne. Ich gebe Martin Bescheid, dass ich die Botschaft verstanden habe und es mir leid tut, dass ich so unaufmerksam gehandelt habe.

Der Fluss verläuft nun völlig einsam bis zur ersten Tagliamento-Schlucht bzw. -Klamm; wunderschön mäandiert der Fluss durch die „kanadisch“ anmutende Landschaft, ehe ein lautes Rauschen die schwere 2 km lange Strecke ankündigt. Das viele Wasser am Fluss, das uns weiter unten ein Vorankommen noch erleichtern wird, ist uns hier nicht gerade förderlich. Immer wieder müssen wir Stellen mühsam umheben und unsere voll beladenen Boote über und um riesige Felsblöcke tragen. Einmal geht der Tagliamento auf 3 m zusammen und bildet eine kurze, wunderbare Klamm.

Nach einer letzten kraftraubenden Umtragestelle erreichen wir die Einstiegsmöglichkeit unterhalb der schweren Strecke. Dort warten bereits Stephan (der sich die wilde Klammstrecke sparen wollte) und meine Eltern; mehr als 3 Stunden sind wir unterwegs für gerade einmal 12 km und es liegen noch 150 weitere vor uns.

Es folgt eine beeindruckende Flussstrecke fernab jeglicher Zivilisation; eine wilde, schöne Landschaft, die man nur auf dem Flussweg durchreisen kann. Flott fließt der Tagliamento dahin und zaubert uns allen ein entspanntes, fröhliches Lächeln auf die Lippen.


Eine Straßenbrücke reißt uns aus diesem „Dahinschweben“ und die Neugier, ob unterhalb wohl genügend Wasser zum Weiterpaddeln wäre, treibt uns an. Laut dem DKV Kajak Führer ist hier auf 15 km eine totale Wasserableitung und demnach dies der einzige Abschnitt, der aus diesem Grund mit dem Auto umfahren werden muss.

Der Shuttledienst (meine Eltern) erreicht uns auch ohne Handy und GPS; „oldschool“ (um wieder einmal ein Fremdwort einzubauen) halt einfach abgeredet, doch können wir mitteilen, dass wir glücklicherweise selbst weiter paddeln werden. Das nächste Mal sollten wir also meine Leute in Lignano wieder sehen.

Motiviert lassen wir das einzige Kraftwerk am König hinter uns und merken schnell, dass wir uns von diesem Abschnitt gänzlich etwas anderes erwartet haben; nämlich einen Kiesbettwanderfluss. Doch es kommt ganz anders, denn der Fluss schneidet sich in eine tiefe Schlucht und bietet uns schweres Wildwasser sowie genussreiche Slalompassagen. Der arme Stephan, der sich auf Wildwasser 4 nicht wohl fühlt, muss nun sein Boot in einem Gewaltakt 3 km weit durchs Dickicht und über riesige Steinhindernisse schleppen. Martin und ich versuchen zu paddeln, was geht, müssen bei jeder Kurve aussteigen und schauen, welche Überraschung der Fluss zu bieten hat. Ein wunderbares Erlebnis, mitten in Europa etwas Unbeschriebenes zu paddeln.
Endlich wird es dann leichter und Stephan kann wieder hinter bzw. zwischen uns paddeln. Wir müssen so weit wie möglich kommen, denn erst der Degano bringt uns verlässlich Wasser für den nächsten Tag. Ein Nächtigen in diesem Bereich kann zur Folge haben, dass bei ablaufendem Hochwasser das Flussbett am nächsten Tag bereits wieder leer ist und man so sein Boot kilometerweit ziehen muss.

Nach etwa 10 Stunden im Boot erreichen wir einen Campplatz und bauen ein Lager auf. Dass wir auch ein Lagerfeuer zusammen bringen, zeichnet die Truppe als wirklich „naturtauglich“ aus, denn das gesamte Holz ist völlig durchnässt. Im Akkord blasen wir das Feuer an, auch der oftmals hilfreiche Wind lässt aus. Dennoch schaffen wir es und können uns so am Lagerfeuer unter mittlerweile völligem Sternenhimmel erwärmen. Mein selbst gepflückter Bärlauch wird zu Nudeln verarbeitet und so lässt es sich auch noch eine ganz schöne Weile am Feuer aushalten.

Tag 2 am Fluss: Ohne GPS auf dem Tagliamento paddeln

Der zweite Tag präsentiert sich anfänglich kalt, jedoch schon klar; Stephan hat die Nacht unter dem Sternenhimmel verbracht und ist etwas durchgefroren. Die „seltsamen“ Fliegerspuren am Himmel bemerke ich, aber sind in diesem Fall schnell vergessen, wenn die Sonne sich über die Berge erhebt. Ein Fuchs versucht ebenfalls, sein Frühstück zu ergattern, während wir am wieder entfachten Feuer Polenta aufkochen.

Das Wasser ist wie zu erwarten zurück gegangen und so hoffen wir, dass bald der Degano Wasser liefert. Da ich ja ohne GPS arbeite, haben wir nach Gefühl gestern Lager gemacht und es hat ohnedies wieder gepasst, denn etwa 500 m nach dem Einstieg bringt der Degano genügend Wasser, um gemütlich den nächsten Zielen – Tolmezzo, der Fella-Mündung und schließlich in Pinzano dem Tor zur Ebene – entgegen zu paddeln. Der Tagliamento nimmt immer wieder kleine Bäche auf, die alle von der Schneeschmelze gefüllt sind und so wird aus dem kleinen Bächlein bald ein großer Strom, der uns schnell vorankommen lässt.

15. Tag 2. Nähe Fellamündung - den Tagliamento mit dem Kajak bereisen

16. Tag 2. Mittagspause der Tagliamento Kanutour

17. Tag 2. bei Gemona del Friuli

18. Tag 2. Tor zur Ebene - mit dem Kajak reisen

Nach vielen Paddelstunden verlässt der König die Alpen und fließt in die Ebene. Dort wird er oft kilometerbreit und wir genießen die Natur, auch wenn das viele Schaufeln, wie wir Bootfahrer es nennen, bereits das eine oder andere Zwicken im Oberarm, Rücken, etc. verursacht.

19. Tag 2. In der Ebene mit den Alpen im Rücken - Abenteuerurlaub

Kurz vor Sonnenuntergang machen wir auf einer Insel Camp und diesmal hat Martin schon nach wenigen Minuten ein grandioses Feuer angefacht. Wieder gibt es frischen Bärlauch mit Nudeln; einfach und doch so gut. Ein Bierchen gönnen wir uns auch und bald schon verkriechen wir uns in unsere Schlafsäcke.

20. Tag 2. Bärlauchnudeln - Camping bei der Tagliamento Kanutour

Tag 3 am Fluss: Finale der Tagliamento Kanutour und verdienter Cappuccino

Tagwache ist bereits vor 5 Uhr, ohne Wecker natürlich. Die Vorfreude auf den letzten langen Paddeltag motiviert mich und sodann bewegt sich auch in den anderen Zelten etwas. Natürlich ist etwas Spannung dabei, denn wir wissen nicht, wie lange der Fluss noch durch sein doch recht flottes Dahinfließen „mithilft“. Die Wildwasserboote haben zwar im Wildwasser ihre Vorzüge, im Flachwasser sind sie jedoch langsam und ein Vorankommen beispielsweise bei zusätzlichem Wind ist wirklich mühsam.
Um 7 Uhr früh geht es aufs Wasser, nachdem wir auch heute Morgen wieder die ganz ehrliche Kochvariante – am Lagerfeuer – gewählt haben. Die Autobahnbrücke der A4 Triest Venedig kündigt dann endlich die letzten 30 km an. Von nun an ist der Fluss nur noch sehr langsam in Bewegung und eine Kirchturmuhr zeigt uns 9:30 an. Ab jetzt heißt es Paddeln, Paddeln, Paddeln und wieder ist uns der Fluss wohl gesonnen. Er steht zwar fast, jedoch kommt der Wind von hinten und so arbeiten wir uns, vorbei an Bibern, die es durchaus gemütlicher angehen, immer näher zur Adria.

21. Tag 3. Kurz vor der Ankunft - auf dem Tagliamento paddeln

Die letzten 2 Tage haben uns viele wunderbare Stunden beschert, jedoch auch an unseren körperlichen Kräften gezerrt und zum Schluss wird es dann auch wirklich noch einmal zu einer Kopfsache. „Sudern“ bringt nichts, sage ich in meiner gewohnt direkten Art und schon sind wir dann – in meinen Augen wieder schneller als man alles wirklich realisiert – am Ziel.

22. Tag 3. Ankunft Abenteuer-Urlaub auf dem Taglimento

Der Tagliamento hat uns „seinen Permit“ gegeben und uns auf ihm von oben bis unten mitreisen lassen.

Papa „Knax“ und Mama warten an der Mündung wie abgemacht und nach einem kurzen Blick auf den Strand von Lignano geht es schon ans Packen, Laden und zum verdienten Cappuccino, Gelato und Panini; klarerweise nicht irgendwohin. Natürlich in ein schönes italienisches Dorfzentrum in Gemona del Friuli, um zum Schluss auch noch ein wenig mehr Italien atmen zu können.

23. Tag 3. Eben noch im Boot auf dem Fluss in Norditalien - schon beim Cappuccino

Danke an meine Leid, Steph und Martin, dass ihr solche verrückten Ideen mit mir angeht und auch meine oftmals unkonventionellen Methoden und Ansichten mitmacht.

24. Tag 3. Chefcoach wieder dabei - mit Kajak-Ausrüstung

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