Zwei Berliner in Kanadas Outback: Rocky Mountains Trekking & Bowron Circuit Kanuwandern

Nach dem 10tägigen Sunshine Coast Trail und dem 7tägigen West Coast Trail an der Westküste Kanadas zog es die beiden nun in die gewaltigen Rocky Mountains auf kanadischer wie amerikanischer Seite, um auch diese wieder zu Fuß zu erkunden. Neben vielen Tageswanderungen waren sie auch wieder  länger im Backcountry unterwegs und stellen an dieser Stelle die schönsten 2-3 tägigen Trecks vor. Anschließend ging es aktiv weiter, mit einer 6tägigen Kanuwanderung im Bowron Lake Provincial Park. Diese stellte das letzte Highlight vor ihrer Abreise aus Kanada dar, dem Land das Linda und Timm ein Jahr ihr Zuhause nannten und das so viele Abenteuer für sie bereit hielt. Und immer dabei: Ihr Equipment von outdoorer – der Backpacker Rucksack Work & Traveller 75+10L und der Trekkingrucksack Trek Bag 70 samt Rain Defender Regenschutz, sowie je eine selbstaufblasende Isomatte Trek Bed 1.

Für die meisten Kanada Urlauber stehen die Rocky Mountains auf dem Programm. Viele begnügen sich damit, einmal den 230 km langen Icefield Parkway entlang zu fahren, den Highway zwischen Lake Louise und Jasper, der einmal quer durch das Gebirge führt und zu beiden Seiten einmalig tolle Aussichten zu bieten hat. Aussichtsplattformen laden zum Halten an, und viele kleine und lange Wanderwege starten von hier. Wem das aber nicht genügt, wer noch tiefer in die Rockies eindringen möchte, in die Wildnis, in das sogenannte Backcountry und somit ebenfalls den touristischen Massen entkommen möchte, der sollte zu einem Mehrtagestreck aufbrechen. Und davon gibt es eine tolle Auswahl.

Allerdings ist das nichts für Kurzentschlossene. In der Hauptsaison müssen die Backcountry Trecks lange im Voraus reserviert werden; je bekannter und beliebter der Treck, desto schwieriger wird es, kurzfristig noch einen Campingplatz buchen zu können. Es wird eine Reservierungsgebühr in Höhe von 11$ erhoben, plus für jede Übernachtung 8,50$.

Aber zunächst ging es kurz über die Grenze in die Staaten. Der Kostenpunkt war dabei der gleiche.

Glacier Nationalpark im US Bundesstaat Montana – Belly River Valley

  • Dauer: 2 Tage
  • Entfernung: 44 km return
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Beginn / Ende: Chief Mountain Road, kurz vor der kanadischen Grenze

Dieser Trail hat keinen bestimmten Namen. Wir sind durch das Belly River Valley zum Ende des Gleens Lake gelaufen. Auf dieser Strecke befinden sich einige Campgrounds, sowie viele Sidetrecks, die nach Belieben erkundet werden können.

Dieser Treck ist recht weit, aber die meiste Zeit eben und die Wegebeschaffenheit ist sehr gut, was ihn trotz der vielen Kilometer zu den eher leichteren zählen lässt.

Mitte Juni. Wir laufen fast durchgehend inmitten eines herrlichen Tals. Es ist sonnig und warm und die wilde Blumenwiese verstreut ihren Duft. Vor uns prangen mit Schnee bedeckte Berge in die Höhe und lassen erahnen, weshalb noch so viele höher gelegene Wanderwege zu der Jahreszeit unpassierbar sind. Die Übernachtungsstelle ist schön an einem See gelegen; allerdings können wir dies kaum genießen, da sich bei Ankunft augenblicklich dutzende Mücken auf uns stürzen (und das, obwohl noch nicht mal Dämmerung ist). Am nächsten Tag laufen wir die selbe schöne Strecke wieder zurück; es ist kein Rundweg möglich.

Yoho Nationalpark in British Colombia – Twin Falls / Iceline Trail

  • Dauer: 2 Tage
  • Entfernung: 28 km Rundweg
  • Schwierigkeitsgrad: leicht (Twin Falls) bis schwierig (Iceline)
  • Beginn / Ende: Takakkaw Falls, Yoho Valley Road

Wer nur die Zeit oder Lust hat, eine lange Tageswanderung in den Rockies zu unternommen, sollte sich für den Iceline Trail entscheiden. Dieser 20 km lange Trail ist landschaftlich einfach atemberaubend und hat viel zu bieten, der Blick auf den glitzernden Emerald Glacier stellt dabei nur ein Highlight von vielen dar. Um diesen Wanderweg noch etwas zu verlängern und daraus einen Zwei-Tages-Treck zu machen, entschieden wir uns dafür, ihn mit dem Twin Falls Trail zu kombinieren.

Mitte Juli. Der erste Tag läuft sich sehr gut und führt uns zu den in nur 8 km entfernten Twin Falls. Der Wasserfall – oder besser gesagt die beiden nebeneinander fließenden Wasserfälle (woher der Name kommt) – sind gewaltige Wassermassen, die ihren Weg mit lautem Getöse über einen Felsen schieben. Der Weg dort hin ist ebenfalls schön, aber nichts Besonderes. Nach einer kühlen Nacht im Zelt kreuzen wir dann den Iceline Trail und laufen auf diesem weiter. Vor allem dieser zweite Tag hat uns gefordert und fasziniert. Wir laufen meist oberhalb der Baumgrenze in einer alpinen Landschaft. Einige kurze Passagen müssen wir durch Schnee laufen und viele kleine, türkisblaue Gletscherseen kreuzen unseren Weg in der ansonsten so trockenen und steinigen Gegend. Und wie es der Name Iceline bereits erahnen lässt, laufen wir an einigen Gletschergrenzen vorbei. Der höchste Punkt liegt in einer Höhe von 2200 m und die Bergkämme liefern eine weite, beeindruckende Sicht über die Rockies. Naja, wenn man denn Sicht hatte. Denn leider zeigt sich das Wetter an diesem zweiten Tag sehr wechselhaft. Tiefhängende Wolken verhindern häufig die Weitsicht und zwei Mal schüttet es wie aus Kübeln auf uns herunter, so dass wir schnell durchtrieft sind. Auch kleine Hagelkörner fegen uns ins Gesicht. Und dann, als wäre das noch nicht genug, kommt 7 km vorm Ziel ein Gewitter auf. Direkt über uns blitzt es nun und uns wird ganz schön mulmig, da wir zudem noch in diesem ungeschützten Terrain laufen (noch 3 km bis zur Baumgrenze). Aber Ende gut, alles gut. Und zurück am Auto können wir uns dann schnell Trockenes anziehen.

Jasper Nationalpark in Alberta – Skyline Trail

  • Dauer: 2 Tage
  • Entfernung: 46 km Rundweg
  • Schwierigkeitsgrad: schwierig
  • Beginn / Ende: Malagne Lake / Malagne Canyon

Dieser Trail ist die Créme de la Créme der Backcountry Trails in Kanada. Er ist der bekannteste in den Rockies – und das nicht ohne Grund. Der Trail wird in 2-3 Tagen gelaufen, je nach Konditionen. Aber auch sog. Trail Runner sind uns begegnet, die die gesamte Strecke in einem Tag joggten, dafür kein schweres Gepäck mit hatten. Der Trail beginnt und endet an zwei unterschiedlichen Standorten, d.h. wir mussten eine Strecke zurück zum Auto trampen.

Ende Juli. Der erste Abschnitt führt zunächst durch den Wald, die Bodenbeschaffenheit ist gut und die Steigung nur minimal. Wir kommen gut voran. Dann kommt ein ordentlicher Regen, teils Schneeregen auf und zwingt uns, den weiteren Weg mit nassen und kalten Shorts und Wanderschuhen laufen zu müssen. Als wir schließlich bei dem Campingplatz ankommen, bereiten wir schnell unser Zeltlager auf. Die Nacht im Zelt wird, trotz mehrerer Lagen Klamotten, kalt und die Wanderschuhe können nicht trocknen. Wir haben zum Glück noch ein zweites Paar Schuhe mit, allerdings nur leichte Turnschuhe, mit denen wir dann die 25 km am zweiten Tag laufen müssen. Und dieser beginnt direkt mit einigen hundert Meter Anstieg zum ersten Pass in einer Höhe von 2500 m. Ich bin schon schnell aus der Puste und muss meinen Gang verlangsamen. Oben auf den Bergkämmen werden wir schnell für unsere Mühe belohnt. Es präsentieren sich herrliche und unendlich weite Aussichten – jedenfalls kurzzeitig, dann werden wir wieder mal von einer Wolkendecke umhüllt. Es lässt sich leicht erahnen, wie beeindruckend die Sicht wohl erst bei strahlend blauem Himmel sein muss. Als wir wieder etwas an Höhe verlieren, werden wir auf den Wiesenabschnitten von vielen Murmeltieren beobachtet, die sich genüsslich an den Wildblumen und -kräutern erfreuen. Sie zeigen sich wenig kontaktscheu und kommen neugierig näher, sobald wir ein kleines Päuschen einlegen. Aber auch heute hätte das Wetter etwas besser sein können und wir trauen uns nicht, länger zu verweilen. Außerdem hat es dieser Tag in sich, es geht 25 km rauf und runter.

Jasper Nationalpark in Alberta – Tonquin Valley Trail

  • Dauer: 3 Tage
  • Entfernung: 53 km Rundweg
  • Schwierigkeitsgrad: mittel bis schwierig
  • Beginn / Ende: Marmot Basin Road

Dieser Trail ist ein ebenfalls wunderschöner und bekannter Treck für Wanderer und Reiter. Das Kronjuwel sind die Ramparts, eine Anreihung von zehn Gipfeln, die sich stolz vor einem erheben.

Anfang August. Durch unglückliche Umstände kommen wir erst gegen 14.00 Uhr am Trailhead an. Die Sonne scheint erbarmungslos und wir sind bereits verschwitzt und erschöpft, bevor wir überhaupt den ersten Schritt auf dem Trail setzen. Wir entscheiden uns, bereits den ersten Campingplatz in 8 km anzusteuern, anstelle des gebuchten Platzes in 20 km. Wir laufen los, es geht aufwärts, durch einen saftig grünen Wald, überqueren einige Bäche und freuen uns über die Aussichten, die sich weiter oberhalb präsentieren. Bei dem Campingplatz werden wir von einer netten und redseligen Gruppe Kanadier begrüßt und erleichtert stellen wir fest, dass es noch genau einen freien Platz gibt. Ebenso erfreut entdecken wir den klaren, kalten Fluss, der am Campingplatz vorbei fließt und in dem wir eine gute Abkühlung finden. Am Abend werden wir von den Kanadiern auf einen schweren Portwein eingeladen, der uns wenig später zu süßem Schlaf verhilft. Den nächsten Tag starten wir frischer – und natürlich früher. 21 km liegen vor uns. Die Sonne kennt wieder kein Erbarmen, das Thermostat zeigt 31 Grad im Schatten. Nur laufen wir in dieser Höhe selten im Schatten, die schützenden Bäume haben wir längst hinter uns gelassen. Rauch in der Region sorgt für eine geringe Weitsicht, verdeckt leider die Konturen der Berge und lässt die Sonne tiefrot scheinen. Sogar die klaren Bäche, die unseren Weg kreuzen, scheinen etwas rötlich zu schimmern. Aber das hat auch was. Am nächsten Tag nieselt es leicht und schon bald verlassen wir die faszinierende Hochebene und laufen wieder im Wald. Ganz am Ende des Trails werden wir noch von einem tollen See mit einem dahinter liegenden Gletscher überrascht. Und auf einmal sind wir nicht mehr allein; mit uns bestaunen einige andere Personen diesen Ausblick, denn der Parkplatz befindet sich direkt vor uns und dieser Spot ist daher leicht zugänglich.

Banff Nationalpark in Alberta

An dieser Stelle sollten eigentlich ebenfalls ein bis zwei Trails beschrieben werden, denn der Banff Nationalpark ist keineswegs zu verachten, wenn es um Mehrtagestrecks geht. Doch leider durchkreuzten heftige Waldbrände in dieser Region unsere Pläne. Wir hatten uns bereits für den dreitägigen Egypt Lake Trail angemeldet, doch wurde dieser auf unbestimmte Zeit gesperrt, wie viele andere Trails auch.

Bowron Lake Provincial Park in British Colombia – Bowron Lakes Circuit per Kanu

  • Dauer: 6 Tage
  • Entfernung: 116 km Rundweg
  • Schwierigkeitsgrad: leicht bis mittel
  • Beginn / Ende: Bowron Lake

Bowron Lakes Circuit Kanuwandern

Dieser Circuit lässt die Herzen aller Kanu- und Kajakbegeisterten höher schlagen. Der 116 km lange Rundweg verbindet Seen und Flüsse miteinander, führt durch die Cariboo Mountains, entlang  an Wasserfällen und wartet mit herrlichen Strandabschnitten zum Übernachten. Die Seen liegen ruhig und spiegelglatt vor einem, das Paddeln auf den teils sehr schnellen Flüssen hingegen fordert schon mal Konzentration. Und die Portagen dazwischen setzen schon mal starke Nerven voraus, wenn das Kanu an Land gezogen werden muss, um zum nächsten See oder Fluss zu gelangen. Acht dieser Portagen mit insgesamt 10,8 km müssen überwunden werden.

Wie auch bei den Backcountry Wanderungen ist bei dieser ebenfalls eine Reservierung nötig. Es werden pro Tag nur eine bestimmte Anzahl an Personen zugelassen. Diese müssen sich zu Beginn eine Einführung anhören und bekommen erst dann die erforderliche Bescheinigung mitsamt einer Übersichtskarte für diese Region. Auf der Karte sind ebenfalls alle Campingplätze eingezeichnet, auf denen die Kanuten spontan und ohne Vorreservierung übernachten können. First come, first serve. Kostenpunkt: 60$ p.P. für die Anmeldung inkl. Übernachtungsplätze plus ca. 200$ Ausleihgebühr für das 2er Kanu (wobei es hier keine Rolle spielt, ob man langsamer unterwegs ist und ein paar Tage länger benötigt oder zu den Schnelleren gehört). Die meisten paddeln diesen Rundweg in acht Tagen. Auch wir hatten uns ursprünglich mehr Zeit dafür eingeplant, aber dann kam alles anders…

Ende August. Während der 20-minütigen Einführung über den Kanu Circuit regnet es in Strömen. Wir befinden uns in der Rangerhütte, besorgt schweifen unsere Blicke nach draußen. Aber wir können unser Glück kaum fassen, als der Platzregen auf die Minute genau wieder aufhört. Dann geht es los. Aber anstelle unser vollgepacktes Kanu ins Wasser zu ziehen und los zu paddeln, geht es erst mal mit dem Kanu über Land. Ja, die Kanuwanderung beginnt gleich mit einer Portage von 2,8 km. Mit dem Kanu haben wir einen kleinen Rollwagen bekommen, den wir nun mittig unter das Kanu schieben. Einer schiebt nun das Kanu von hinten, der andere zieht von vorne und lenkt. Das würde auch ganz gut gehen, wäre der Weg eben und trocken. Doch das ist er leider nicht. Der Waldboden ist gespickt mit großen Löchern, große Steine liegen herum und der Starkregen hat zudem noch seine Spuren hinterlassen. So fangen wir diese Wanderung bereits mit Gefluche an und sind froh, als es dann endlich auf das Wasser geht, auf den Kibbee Lake. Doch das Vergnügen ist nur kurz, denn der See ist klein und danach folgt bereits die nächste Portage (2 km), die den Kibbee Lake mit dem etwas größeren Indianpoint Lake verbindet. Endlich verbringen wir einige Stunden auf dem See, das Paddeln macht Spaß und wir sind begeistert von dem Blick, der sich vor uns präsentiert. Doch dunkle Wolken und die ersten Tropfen bringen uns dazu, bereits nach ca. 11 km einen Campingplatz aufzusuchen. Augenblicklich bauen wir unser Zelt auf, und keine Minute später fängt es an stark zu regnen. Nein, es hagelt sogar. Der Campingplatz Nr. 5 ist mit zwei Plätzen ausgestattet, aber wir bleiben alleine.

Der nächste Morgen ist noch etwas diesig, dennoch ziehen wir gut gelaunt das vollgepackte Kanu wieder ins Wasser. Wir paddeln weiter den Indianpoint Lake entlang, überwinden noch eine weitere kurze Portage und befinden uns dann auf dem ewig langen und schöne Isaac Lake. Zu beiden Seiten saftig grüner Regenwald, versetzt mit einigen einladenden, kleinen Stränden, vor uns Berge, so weit das Auge reicht. Wie gestern drängt uns das Wetter dazu, bereits am späten Nachmittag einen Campingplatz anzusteuern. Und wie gestern können wir noch gerade trocken ins Zelt schlüpfen. Mit uns ist noch eine andere Familie auf dem Platz Nr. 17 und auch sie flüchten schnell ins Zelt. Aber der Regen hält nicht allzu lange an und bald krabbeln wir alle wieder heraus. Timm und ich springen noch in den kalten See und bereiten dann das Abendessen vor.

Den kommenden Tag verbringen wir komplett auf dem Isaac Lake. Vereinzelt zeigen sich noch einige dunkle Wolken am Himmel, aber es bleibt trocken. Die Temperatur ist angenehm und schnell bringen wir viele Kilometer hinter uns. Das Kanu gleitet leicht voran und verträumt sehen wir uns satt von der wunderschönen Landschaft. Vor und hinter uns kein Kanu weit und breit. Nach gut 30 km am heutigen Tag steuern wir den Campingplatz Nr. 27 an, den wir an diesem Abend auch wieder für uns alleine haben. Begeistert entdecken wir, dass der Campingplatz umgeben von riesigen Brombeerbüschen ist; die reifen Früchte verfeinern am nächsten Morgen unseren Frühstücksporridge.

Der vierte Tag beginnt mit dem sogenannten Chute, einer Stromschnelle, die noch hinzu an einer Stelle sehr schmal ist, sodass das Kanu genau hindurch manövriert werden muss und die eine kurze Stelle später in einem 90 Grad Winkel abbiegt. Der Chute wird nur erfahrenen Kanuten empfohlen. Allen Paddlern wird geraten, vor dieser Stelle das Kanu ans Land zu ziehen und sich den Chute zunächst anzuschauen und die riskanten Stellen gut einzuprägen. Auch wir machen das. Diejenigen, denen die Stromschnelle zu unsicher ist, können eine weitere Portage nehmen und die nächsten 1,5 km ihr Kanu über Land ziehen. Wir entscheiden uns dagegen, packen vorher unsere Sachen noch besonders fest und los geht’s. Langsam nähern wir uns dem Chute, bis die Strömung uns erfasst und es augenblicklich schnell wird. Nach dem Chute kommt der „Roller Coaster“, dann der Cariboo River. Es bleibt schnell und es macht richtig Spaß. Wir paddeln mit der Strömung, müssen sehr auf Treibgut achten und auf große Steine bei einigen der flachen Abschnitte. Zwei Mal wird es so flach, dass wir stecken bleiben und aus dem Kanu steigen und es ziehen müssen. Aber eine Abkühlung für die Füße tut auch gut. In der Rangerhütte hatte man uns bereits gesagt, dass der Wasserstand für diese Jahreszeit so gering wie selten ist. Der Fluss fließt schließlich in den Lanezi Lake und es wird wieder still um uns herum. Fische springen vor uns aus dem Wasser und große, blaue Libellen begleiten unser Kanu. Toll. Wir sind bereits lange gepaddelt und suchen langsam nach einem geeigneten Campingplatz für uns. Doch ohne Erfolg. Die kleineren mit ein bis drei Zeltplätzen sind bereits alle belegt und auf einen der größeren Plätze haben wir keine Lust. So müssen wir wohl oder übel weiter paddeln und befinden uns schon bald auf dem Sandy Lake. Nach langen 27,5 km am heutigen Tag werden wir an diesem See schließlich doch noch fündig. Erschöpft ziehen wir unser Kanu am Campingplatz Nr. 37A an Strand. Und zufrieden müssen wir feststellen, dass dieser Platz sogar schöner ist als die bereits belegten. Mit uns sind noch zwei weitere Jungs hier. Was diesen Platz so besonders macht, ist die Lage. Die meisten Campingplätze verfügen über einen kleinen Strand, das Zelt wird aber hinterhalb im Grünen aufgebaut, wo ebenfalls gekocht werden soll und sich das Plumpsklo befindet. Auf diesem Campingplatz hingegen kann das Zelt direkt am Strand aufgebaut werden und alles ist etwas weitläufiger. So wurden wir schließlich für das lange (unfreiwillige) Paddeln belohnt.

Am nächsten Morgen blicken wir erfreut in strahlend blauen Himmel. Als wir unser Zelt abbauen, sind die anderen bereits auf dem Wasser. Wie immer gehören wir eher zu den Spätaufbrechenden. Wir verlassen den Sandy Lake, paddeln einen Fluss entlang und steuern den Unna Lake an. Der kleine, aber feine See liegt nicht direkt auf dem Weg, aber dieser kleine Umweg wurde uns sehr empfohlen. Viele legen hier eine Rast ein, baden und angeln in dem klaren Wasser oder bleiben sogar einen Tag. Auch ein kleiner Hike zu den Cariboo Falls sei lohnenswert – und genau dem Tipp gehen wir nach. Wir legen also an und lassen das Kanu zurück. Es tut gut, die Füße zu vertreten. Die Strecke verläuft sich auf 1,5 km one way. Der Wasserfall kündigt sich bereits nach kurzer Zeit mit lautem Getöse an. Dann fällt er vor uns in die Tiefe. Ein imposanter Wasserfall. Der Umweg war es allemal wert. Auf dem Rückweg benötigen wir länger – Blaubeerbüsche befinden sich am Wegesrand und wir können nicht umhin, uns an den reifen, leckeren Beeren zu bedienen. Dann entfernen wir uns auch schon wieder vom Unna Lake und paddeln ein kurzes Stück einen schmalen, flachen Fluss entlang. Dann steht wieder eine Portage an und führt uns zu dem kleinen Babcock Lake und wenig später nach einer erneuten Portage von nur 500 Metern zu einem noch kleineren See, der uns eher wie ein Tümpel vorkommt. Wir beeilen uns, diese beide Seen zu überqueren, denn hier scheinen sich anscheinend Fliegen sehr wohl zu fühlen. Viele, viele kleine und große Fliegen surren merkwürdigerweise knapp über der Wasseroberfläche und in der Luft und nehmen natürlich gerne auch mal Landeanflug auf uns. So ist die kommende Portage zum ersten Mal willkommen; augenblicklich lassen wir die Fliegen hinter uns. Der Spectacle Lake liegt schön vor uns und wir können das Paddeln wieder genießen. Die Sonne scheint noch immer auf uns herab und lässt uns an diesem Tag ordentlich schwitzen. Eine weit verbreitete Unterwasserpflanze, die bis zur Oberfläche reicht und somit einen Widerstand für das Kanu darstellt kostet uns zudem Kraft. Schon bald halten wir wieder Ausschau nach einem schönen, freien Campingplatz, doch wieder werden wir erst recht spät fündig, da die meisten bereits belegt sind. Und wieder werden wir für das lange Paddeln belohnt. Schon von weitem erblicken wir eine Halbinsel, umgeben von einem breiten Sandstrand und erstaunt stellen wir fest, dass auf diesem perfekt gelegenen Campingplatz Nr. 45 sich noch niemand niedergelassen hat. Wir entladen das Kanu und entspannen erstmal. Ich schnappe mir meine Isomatte Trek Bed 1 und lege mich damit an den Strand. Das tut gut und war nötig. Seit dem gestrigem Tag steckt uns ein leichter Muskelkater in den Armen. Es bleibt noch einige Stunden hell, wir relaxen, kochen uns was zum Abendessen und schauen uns dann den schönen Sonnenuntergang an.

Der nächste Morgen ist genauso sonnig und treibt uns früher als gewohnt aus dem warmen Zelt. Als wir uns am Wasser frisch machen, entdecken wir begeistert eine Elchkuh am anderen Ufer. Wir beobachten sie eine Zeit lang, aber als Timm die Kamera holen möchte, verschwindet sie wieder im Dickicht des Waldes. Es ist der sechste Tag. Ursprünglich hatten wir sieben bis acht Tage für den Circuit eingeplant, da wir aber an drei Tagen (unfreiwillig) so viele Kilometer zurück gelegt hatten, bleiben uns nun nur noch 22 km. 22 km, das ist eigentlich eine gute Tagesetappe, denken wir und paddeln los, in dem Bewusstsein, dass dies nun also unser letzter Tag auf dieser Wasserwanderung sein wird. Wir paddeln einige Stunden den Spectacle Lake entlang und lassen zum Abkühlen an diesem heißen Tag immer mal wieder unsere Füße aus dem Kanu ins Wasser baumeln. Der See geht schließlich in den Swan Lake über, dann in den Bowron River. Dieser Fluss wurde uns als „wetlands“ beschrieben, also als ein Feucht- oder auch Sumpfgebiet. Und hier auf diesem Abschnitt soll es die besten Chancen auf Wildlife geben, besonders Elche werden hier zahlreich gesichtet. Und so paddeln wir langsamer und werden ganz leise, als wir in das Sumpfgebiet eintreten. Der Flusslauf ist schmal, windet sich hin und her und zu beiden Seiten wachsen hohe Gräser und Schilf. Timm steht ein paar Mal in dem Kanu auf, was ihm eine weitere Sicht ermöglicht. Aber leider scheinen wir diesmal kein Glück zu haben; auf diesem 4 km langen Flusslauf entdecken wir lediglich einige Greifvögel im Himmel. Und dann lichtet sich bereits der Bowron Lake vor uns, und somit der letzte Abschnitt. Augenblicklich haben wir das Gefühl, die schöne Wildnis hinter uns zu haben und zurück in der Zivilisation zu sein. Denn auf einmal war es das mit der Ruhe und Einsamkeit, Motorengeräusche sind zu hören und die teils großen Boote wirken wie Störenfriede in der Natur. Auf dem gesamten Rundweg, mit Ausnahme eben dieses Sees, sind keine Motorboote erlaubt, lediglich Rangern stehen im Notfall welche zur Verfügung. Gedankenverloren paddeln wir weiter. In der Ferne sind bereits vereinzelt Häuser auszumachen. So recht wollen wir doch noch nicht ankommen. Wir suchen uns zum letzten Mal ein nettes Plätzchen und gönnen uns eine längere Mittagspause; was wir sonst nie gemacht hatten. Dann legen wir die letzten Kilometer zurück, schon bald sind Stimmen und Gelächter von einem Strandabschnitt zu hören, an dem sich ein Campingplatz befindet. Wir wissen bereits jetzt, dass uns die Ruhe der letzten Tage fehlen wird und drehen uns sehnsüchtig noch einige Male zurück, aus der Richtung, aus der wir gekommen sind. Was für eine wunderschöne Kanuwanderung in dieser faszinierenden Landschaft. Und alles andere als überlaufen. Täglich sind uns im Durchschnitt gerade mal ein bis vier Kanus auf dem Wasser begegnet. Diese Tour ist auf jeden Fall empfehlenswert – und war für uns ein toller Abschluss, unser letztes großes Abenteuer in 12 aktiven Monaten in Kanada.

Kanuwandern Karte

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