Arbeit als Abenteuer: Work & Travel in Neuseeland

Ausgestattet mit dem Reiserucksack Atlantis 90 10 bereiste unser Reiseblogger Andreas die Naturschönheit „deep down under“ und erlebte neben unzähligen unvergesslichen Erfahrungen, dass Arbeit ein wahres Abenteuer sein kann. 

Ich heiße Andreas Mensinger, bin 27 Jahre jung und gebürtiger Thüringer. Gerne möchte ich euch im Folgenden meine Neuseeland-Auslandsreise näher bringen und beschreiben.

Ankunft in Neuseeland

Mein „Work und Travel“-Aufenthalt in Neuseeland startete „von null auf gleich abenteuerlich“ in Auckland. Da die Hostels ausgebucht waren, verbrachte ich zunächst 2 Tage im Freien, bevor ich eine kleine Unterkunft bei meiner „Gastmutter“ Allison bezog. In Auckland war ich zufällig bei einen Hafenprotest dabei, der sich gegen die Errichtung einer Anlegestelle richtete. Über 500 Boote zogen dazu durch den Hafen um ihren Unmut kundzutun. Ebenfalls hatte ich das Glück, bei Dreharbeiten der Serie „Power Rangers“ zuzuschauen.

Auckland selbst ist sehr international und die meisten Backpacker starten ihre Reise in der Stadt. So war auch ich auf einem gemeinsamen internationalen Treffen junger Leute. Restaurants und historische Gebäude werden ─ vor allem in Hafennähe ─ in den Abendstunden beleuchtet und laden förmlich dazu ein, noch einen Spaziergang zu machen.

Arbeit, Landschaft und jede Menge Spaß

Von Auckland zog es mich rasch nach Invercargill in den Süden der Südinsel. Hier arbeitete ich auf einer Farm. Die Landschaft war herrlich ─ wie im Bilderbuch. Auf den Bergen lag Schnee und  im Tal waren die Rinder sowie Schafe auf den Weiden. Als junger Agraringenieur habe ich alles nicht als Arbeit wahrgenommen, sondern als ein Abenteuer, wofür viele Urlauber Geld bezahlen. So haben wir die Flächen und Wäldern viel mit dem Quad befahren und hatten unseren Spaß bei Schnee, Wind, Sonne, Wasser und viel Schlamm. Mit dem Speedboot sind wir über die Flüsse gerast und haben Bäume mit der Motorsäge abgeschnitten, um noch mehr Wasserwege für noch mehr Action und Adrenalinkitzel zu erlangen. Dabei sind wir 2 Mal auch auf dem Ufer gelandet und mussten das Speedboot ins Wasser zurückschieben. Wir haben Rinder durch Flüsse und Weiden getrieben oder waren mit Quads, Geländewagen und Traktoren auf hohen Bergen zu Gang. Im Zuge der Holz- und Müll-Verbrennung haben wir uns gewärmt, Klamotten getrocknet oder einfach bei einem Bierchen  die gemeinsame Zeit genossen. Für mich als Tier- und Naturliebhaber: Abenteuer pur! Hinzu kommt, dass wir dafür nichts zu zahlen brauchten. Zudem hatten wir mit und durch unseren Chef einen guten „Guide“, der nur wenige Grenzen kannte und die Natur Neuseelands, aber auch den Umgang mit Boot und Quad mehr als sicher beherrschte. Einfach eine unglaublich tolle Zeit für junge, aktive Abenteurer.

Nach 3 Monaten auf der Farm hatte ich genug Geld angespart, um quer die Südinsel Neuseelands zu bereisen. Während dieser Reisezeit war ich immer wieder von der  Landschaft und den kleinen versteckten und interessanten Dingen, die Neuseeland zu bieten hat, beeindruckt. Die Landschaft und Natur ist meiner Erfahrung nach das, was ich mit Neuseeland assoziiere.

Wissenswertes, Outdooraktivitäten und Tradition

Der Neuseeländer Burt Munro brach mit seiner modifizierten „Indian Scout“,  mehrere Geschwindigkeitsrekorde. Das Original-Motorbike steht in Invercargill.  Der Spielfilm „Mit Herz und Hand“ (mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle) ist einigen Lesern vielleicht bekannt.

In der Universitätsstadt Dunedin ist die so genannte „Baldwin Street“ als steilste Straße der Welt im Guinness Buch der Rekorde gelistet.

In Neuseeland leben ca. 4,4 Millionen Einwohnern. Die aus Polynesien stammenden Ureinwohner, namens  Maori,  bevölkerten um 1000 – 1300 n. Chr.  als Erste den Inselstaat. Ich selbst habe 2 Tage bei den Maori gelebt und gewohnt, um einander näher und ins Gespräch zu kommen.

Dem britischen Abenteurer und Kapitän James Cook aber war es zu „verdanken“, dass die Nord- und Südinsel Neuseelands in 1769 durch die Briten besiedelt und kolonialisiert wurde. Die „Kiwis“, wie die Neuseeländer auch genannt werden, haben bis heute zu den Ureinwohner ein teils sehr „angespanntes“ Verhältnis.

Der Nationalsport in Neuseeland ist Rugby. Ähnlich wie in Deutschland Fußball die breite Masse begeistert, euphorisiert diese Ballsportart ganz Neuseeland. Neuseelands Rugby-Nationalmannschaft besiegte 2015 im Finale Australien und verteidigte somit den Weltmeistertitel. „All Blacks“ werden die neuseeländischen Nationalspieler genannt, die auf ihren schwarzen Shirts als Symbol ein Farnblatt tragen. Dieser Silberfarn auf den Trikots der Nationalspieler gilt als die inoffizielle Nationalflagge. Ich selbst besuchte auch ein Spiel und war vor allem von der Stimmung der Zuschauer angetan. Man hat den Eindruck, man geht ins Stadium und trifft viele Freunde und feiert gemeinsam ein großes Sportspektakel.

Neuseeland bietet vor allem jungen Menschen viele Möglichkeiten in Sachen Outdoor- oder Extremsport. Skydiven, speedboot driving, bungee jumping, hiking, skiing, rafting, biking oder canoeing stehen hoch im Kurs und sorgen für super viel Spaß! Aber auch klettern in und durch Schluchten und unterirdische Höhlen sorgen für Abwechslung und Spannung pur.

Auf der Nordinsel bietet die Gegend rund um die Stadt Rotorua ein besonders Erlebnis. Ich besuchte in der Region die zahlreichen, teilweise aktive, sprudelnde, heiße Quellen. Egal wo ich hinschaute, überall dampfte und blubberte der Schlamm, es kochte beziehungsweise dampfte das Wasser oder ein Geysir schoss in die Höhe. Dazu roch es nach „faulen Eiern“, was auf Schwefelgas zurückzuführen ist. Es ist interessant, wo und wie unser Planet die Energie hernimmt und vor allem in welcher Form er sie uns Menschen bietet. Erholsam und entspannt habe ich einige Male ein Bad in einer heißen Quelle genommen. Das war eine wohltuende und abwechslungsreiche Erfahrung, im Gegensatz zu den sonst eher kalten Flüssen und Seen.

Neuseeland ist neben der vielfältigen Naturlandschaft inzwischen auch als Land für Filme bekannt. „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ waren die zwei wohl prägendsten Filmproduktionen dieses Landes. So ist und war für mich ein Besuch im „Hobbitland“ natürlich unverzichtbar. Und wenn man als Besucher das ehemalige Filmset betritt, fühlt man sich als wäre man live dabei. Alles sieht genau durchdacht und originalgetreu aus; alles wirkt lieblich und friedlich.

Einmalige Traumlandschaften

Meine Reise führte mich  entlang und durch die Natur Neuseelands. Zahlreiche Flüsse und Bäche kreuzten meinen Weg. Das Zusammenspiel von Wasser, Klippen und Gesteinsmassen im Licht der aufgehenden  bzw. untergehenden Sonne war einfach Genuss pur. Mann konnte sich selbst ganz tief fallen lassen, in sich hineinhorchen und die Einzigartigkeit der Natur erleben. Wieder waren die Berge schneebedeckt, grau-schwarze Felsbrocken hoben sich hie und da kontrastfarbig hervor und durch die Kiesbetten der Tälern schlängelten sich die Flüsse.

Bei diesigem Wetter und teilweise Starkregen wanderte ich zum Fox Gletscher und zum Franz Josef Gletscher. Der Regen nahm im Laufe des Tages so sehr zu, dass der „Conservation Park Officer“ die Wanderwege Stunden später sperrte. Das Regenwasser wurde einfach zu viel, sodass kleine Gesteins- und Kiesbrocken in den inzwischen entstanden kleinen Bächen mitgezogen wurden. Diese Wasser-Gesteinsmassen stürzen dann die Klippen und Hänge herunter und können Wege ausspülen oder einem direkt im Gesicht oder am Kopf treffen.

Entlang des Aoraki Lakes wanderte ich zum höchsten Berg Neuseelands, dem Mount Cook. Bei Tiefschnee und strahlendem Sonnenschein wurde diese 1-tägige Wanderung zum nächsten unvergesslichen Naturerlebnis. Da die Sonne den Schnee auf der Oberfläche antaute und das frei gewordene Wasser nachts bei Frost wieder erstarrte, hatten wir Glück und konnten quasi auf einer dünnen Eisschicht laufen, ohne ständig in den Schnee einzubrechen. Kleine Schneelawinen gingen hin und wieder von den Bergspitzen ab und der Schnee staubte wie aufgewirbelter Sand durch die klare Sonnenluft.

Ebenfalls eine tolle Wanderung war der so genannte „Kepler Track“. Bei diesigem und nebeligem Wetter wanderte ich ─ stark erzürnt über die schlechte Sicht ─ im Tal los. Nachdem ich den Wald durchquert hatte und auf den ersten Hochebenen ankam, standen mir jedoch fast Freudentränen in den Augen. Auf einmal war aller Nebel verschwunden, die Sonne strahlte und man hatte eine super freien Blick auf das Tal sowie auf die Fjorde. Einzigartig!

Natur, Camping, Selbstversorgung und Co.

Als leidenschaftlicher Fliegenfischer lies ich es mir nicht nehmen selbst den Versuch zu starten die Angel auszuwerfen. Problemlos konnte ich eine Tageslizenz zum Fischen sowie eine Route organisieren. Und siehe da: Ich hatte meinen ersten Lachs an einem kalten, klaren Wintertag gefangen! Ich war „stolz wie Oskar“ und habe mich wie ein kleiner Junge gefreut. Noch am selben Abend habe ich mit einem Freund bei 23 Grad Kälte unsere Zelte aufgeschlagen und den Lachs am Lagerfeuer zubereitet. Wir haben den Fisch ausgenommen, filetiert und in Öl gebraten. Alles schien wie in einem extremen Abenteuerfilm. Ein Film, der Realität war und in dem ich die Hauptrolle spielte ─ einfach Wahnsinn!

Überhaupt war ich immer viel in und sehr nah an der Natur. Ich habe oft beziehungsweise meistens am Lagerfeuer oder auf dem Gasgrill mein Essen zubereitet und mich in Flüssen gewaschen oder abgekühlt. Das tat gut ─ das Wasser war sehr frisch, kalt und sauber. Es weckte oft neuen Tatendrang in mir, stärkte mein Immunsystem und steigerte meine Überwindungskraft.

Ebenfalls war ich oft an den Ufern und Stränden unterwegs, beobachtete Seehunde, Vögel oder wartete in der Dämmerung auf Pinguine. Auch Wale habe ich bei einer geführten Tour beobachten können

Weiter auf der Reise machte ich Halt an einer alten Goldmine. Die alten Wohnhäuser der ehemaligen Arbeiter waren bereits halb zerfallen. Rostige Blechdächer und alte Kräne versetzten einen 70 Jahre zurück. Auf dem ehemaligen Fördergelände konnte man sich als Backpacker frei bewegen und teilweise bis in die alten Stollen hineingehen. An der „Waschstraße“ konnte man selber dem „Goldrausch“ frönen. Nach einer kurzen Einweisung und Erklärung durch den Touristenführer konnte man tatsächlich in den alten wokähnlichen Schalen die Erde mit Wasser auswaschen. Auch hier hatte ich Glück und fand echtes Gold. Es war zwar nur staubkrümelgroß, aber ein tolles Gefühl. Wieder kam ich mir vor, wie in einem  früheren Westernfilm, nur dass ich mittendrin dabei war.

Nachdem einige interessante und abenteuerliche Aktivitäten hinter mir lagen, blieb ich in Oamaru auf einem Biobauernhof hängen. 4 Wochen lang lebte ich bei einer 5-köpfigen Familie, die sich zu 80 % selbst versorgt. Vater Richard und seine Frau wanderten vor 18 Jahren aus Deutschland aus. Schnell und unkompliziert wurde ich im Holzhaus und innerhalb der Familie aufgenommen. Die Familie selber besitzt ein eigenes Backhäuschen, wo wir Brot backen konnten. Auch Enten, Hühner und Puten werden selbst großgezogen. Der Garten versorgt sie täglich mit frischem Obst und Gemüse. 14 Kühe liefern Milch und Fleisch. Ich selbst habe mit einer einfacher Melkmaschine und Kannen, die Kühe früh morgens und am Abend gemolken. Ich fühlte mich teilweise wie auf einer Alm. Die Zeit war etwas „stehen geblieben“, und die Maschinen und Geräte sehr alt und umständlich einzusetzen. Die Milch wird zusätzlich auch an Nachbarn verkauft, um ein kleines Einkommen zu erzielen. Auch Käse stellen die Vinbrux`s selbst her. Man fühlte sich tatsächlich wie von der „normalen“ Außen- und Konsumwelt abgeschnitten. Eine Heizung gibt es nicht. Nur ein Holzofen dient als Wärme- und Energiequelle. Wasser wird aus dem eigenen Brunnen gefördert und Elektrizität (Strom) wird durch ein Windrad erzeugt. Alles ist naturnah und jeder in der Familie hat seine Aufgabe. Von Kochen über putzen, bis hin zu Tiere verpflegen und schlachten sowie ernten, Schulaufgaben machen, Produkte verkaufen, Honig herstellen, Windrad und Wasserleitungen warten etc. Alles wurde selbst erledigt und durchgeführt. Es war toll und wissenswert zu sehen, wie Marmelade selbst hergestellt, wie Bier gebraut und wie Tabak ordnungsgemäß gelagert wird. Allerdings muss man sich auch einschränken. Finanzielle Mittel sind meist knapp. Größeren Luxus kann man sich nur selten gönnen. Für mich war es deshalb eine sehr interessante Erfahrung. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, ein Leben lang so zu wohnen. Dazu muss man sich tatsächlich entscheiden und eine andere Lebensphilosophie an den Tag legen, als wir es normalerweise in Europa gewöhnt sind.

Work & Travel: Weinanbau

Um wieder etwas Geld in meine Reisekasse zu bringen arbeitete ich 3 Wochen auf einem Weingut. Neuseeland baut sehr viele Reben an und exportiert in alle Welt. Die Arbeit war oft anstrengend und monoton. Arbeiter aus vielen Nationen waren zusammen, sodass ein kultureller Austausch stattfand. Freundschaften entstanden und man bekam ein besseres Verständnis für die Kultur und Tradition der jeweils gegenüberstehenden Person.

Von der Wolle bis zum Teppich

Wenn man die traumhafte Landschaft Neuseeland entdeckt, kommt man als Backpacker oder Besucher nicht herum dutzende Schafe zu sehen. Sie gehören einfach zu dem Land dazu. Ich machte mich aus Interesse auf dem Weg und besuchte im Westen der Nordinsel, und zwar in Napier, die größte „Wollwaschanlage“ der Welt. Ich fand es spannend zu sehen, wie täglich 200 Tonnen Schafswolle angeliefert, sortiert, gewaschen und weiter abgepackt werden. Auch erkennt man auf den Fotos gut, wie die Schafelle gewaschen, gegerbt und getrocknet werden. In einem weiteren Schritt wird aus der Wolle ein Faden, der wiederum zu Teppich oder Kleidung verarbeitet wird. Es war spannend zu sehen, welche Dimensionen dieser „Rohstoff“ hat und wie viele Menschen in den riesigen Fabriken damit beschäftigt sind, aus Schafwolle tolle Produkte wie Lippenstifte, Wollsocken oder Pads für Reitpferde herstellen.