Backpacking in Peru – während für viele andere schon ein Urlaub in Südamerika abenteuerlich genug ist, gehen die Studenten und Straßenmusiker Benedikt und Frederik – Eucalypdos – mehr als nur einen Schritt weiter. Sie geben ihr sicheres Leben in Freiburg auf und begeben sich als Backpacker mit Gitarre und anderen Instrumenten auf die Reise nach Peru – Backpacking in Südamerika mit dem Reiserucksack Atlantis 90+10, der selbstaufblasenden Isomatte Trek Bed 2 und dem Leichtschlafsack Trek Night. Dabei gehen sie nicht nur auf das Essen in Südamerika ein und geben Tipps für Backpacker, sondern berichten vor allem auch von Seiten des Landes, die Rundreisende so nicht zu Gesicht bekommen und zeigen die völkerverbindende Kraft von Musik.
Zeit für die Passion – Als Band unterwegs in Südamerika – Teil 1: Lima
Im Überblick:
- Unterwegs mit Bollerwagen und 7 Instrumenten
- Über 80 Kilo Gepäck
- Musik als Kommunikationsmittel zu allen Generationen
- Schamanenrituale
- Prominente Telenovelaszene
- Spontanes „sich leiten lassen“ von Impulsen
- Reisen auf unbegrenzte Zeit
Backpacking in Südamerika – Vorbereitungen
Mit komplettem Sack und Pack – d.h. allen Instrumenten, das sind 2 Gitarren, Cajón, zahlreiche Fußpercussionen und kleinen Verstärkern, Mikrofonen, Kabeln, unserem Restkontingent an CD’s, einem kleinen mobilen Recording-Studio und 2 Kameras mit Stativen machen sich die 2 Freiburger Studenten Benedikt Grundberger (29) und Frederik Schmid (26) mit ihrem Musikprojekt Eucalypdos auf den Weg, um ihr bis dato größtes Abenteuer zu bestreiten: Eine großangelegte Südamerikareise für mind. 1 Jahr. Dazu kommt dann noch der ganze „normale Backpackerkram“, d.h. 2 große Rucksäcke (Reiserucksack Atlantis 90+10), Isomatten (Trek Bed 2), Schlafsäcke (Leichtschlafsack Trek Night), Zelt und Klamotten für alle Wetterlagen.
Das Ganze ist natürlich viel zu viel, um es mit sich rumzutragen. Ein Bollerwagen muss her. Dass das klappt, hat das Duo bereits 2013 auf ihrer 2,5-monatigen Straßenmusiktour durch Deutschland, Frankreich und Spanien bewiesen. Der alte Bollerwagen hatte damals aber gegen Ende der Reise den Geist aufgegeben.
Günstige Flüge nach Peru – Tipps
Am 11. September 2016, pünktlich zu Studienabschluss, beginnt also unser großes Abenteuer. Kein Zufallsdatum – da waren die Tickets bei Weitem am günstigsten, weil eben nicht so viele Leute zu diesem doch sehr vorbelasteten Datum fliegen wollen. Wir sind nicht abergläubisch, aber flexibel und ein günstiger Flugpreis von 345 Euro pro Person von Amsterdam über London und Miami nach Lima hat uns sofort überzeugt.
Da in unserem Reisevorhaben keine fixe Rückkehr eingeplant ist, d.h. wir nur vom Hinflug Gebrauch machen, müssen wir in Freiburg alle Zelte abbrechen. Arbeitsvertrag für unseren Nebenjob an einer Grundschule beenden, WG-Zimmer abgeben, Impfungen erledigen, die wie z.B. Gelbfieber obligatorisch sind für die Einreise in manche Regionen. Und natürlich ordentlich Abschied feiern von Familie und Freunden. Die Euphorie überwiegt glücklicherweise eindeutig dem Abschiedsschmerz, auch wenn wir uns in unserer Südbadischen Perle Freiburg mehr als wohl gefühlt haben. Ein bisschen fühlt sich das ganze schon wie eine Auswanderung an…
Übernachten in Amsterdam
Losgeflogen um 8:20 Uhr in Amsterdam, kommen wir um 22:40 Uhr abends in Peru/Lima an. Mit einer Zeitverschiebung von -7 Stunden waren wir über 21 Stunden unterwegs. Das Trek Bed 2 und der Trek Night Schlafsack haben uns dabei die Wartezeiten auf den doch sehr kalten Flughafenböden extrem versüßt, als wir zwischendurch mal nen kleinen Nap abgehalten haben.
Hostels in Peru und südamerikanische Spezialitäten
Der nächste Morgen beginnt in Callao, dort haben wir der Bequemlichkeit halber unweit vom Flughafen unser Hostel gebucht. Sehr schnell werden wir von Köchin und Rezeptionisten gebrieft, dass wir uns in einem sehr gefährlichen Stadtteil befinden und gut auf unser Zeug aufpassen müssten, da hier Diebstähle und Überfälle recht regelmäßig stattfinden. Das Stadtbild scheint diesem Vorwurf auch nicht unbedingt zu widersprechen, Callao ist sehr heruntergekommen, baufällig und arm. Beim Almuerzo (Mittagessen) um die Ecke genießen wir unser erstes traditionelles 2-Gängemenü mit Getränk für 6 Sol (1,69 €). Die kleinen Restaurants hier sind meistens Familienbetriebe und ein sympathisches altes Mütterchen kocht mit viel Liebe Arroz con Pollo y Verduras , ein Reisgericht mit Huhn und Gemüse. Als flexible Vegetarier ahnen wir bisher noch nicht, wie schwer es sein würde, mal ein Gericht ohne Fleich zu bekommen, in den Menus der traditionellen kleinen Restaurants existiert sowas nicht und auch der Begriff Vegetariano/Vegano ist im Vokabular der weniger touristischen Regionen Limas meist noch nicht angekommen. Nicht selten kommt es vor, dass wir verdutzt einen Teller mit Huhn serviert bekommen, nachdem wir explizit gesagt haben „Somos vegatarianos, algo sin carne por favor“ , also dass wir Vegetarier seien und deswegen kein Fleisch essen möchten. „Si, es con pollo“. Pollo, also Huhn, ist hier eine Kategorie für sich und ein Essen ohne Carne schließt Huhn noch lange nicht aus.
Kulinarisch kommt man in Peru, wenn man ein wenig mehr Geld in die Hand nimmt, auf jeden Fall voll auf seine Kosten. Erst dieses Jahr wurde Peru nun schon zum 5. Mal hintereinander zur World’s „Leading Culinary Destination“ ausgezeichnet. Und auch wir konnten uns schon von einer Vielzahl für uns bis dato noch völlig unbekannten Gerichten überzeugen. Zu nennen sind Ceviche, ein wirklich köstlicher Rohfischmix angereicht mit fruchtigen Soßen z.B. aus Mango oder der Klassiker „cui“, also Meerschweinchen, sicher nix für schwache Nerven, denn das bekommt man mit allen Gliedmaßen am Stück serviert. Aber auch für low-budget Reisende wie uns gibt es ständig neue Geschmäcker zu entdecken und ein Ausflug auf einen traditionellen Markt ist oft schon ein kleines Abenteuer.
Mit unserem Bollerwagen, den vielen Instrumenten und nicht zuletzt unserem weißen Gringo-Erscheinungsbild ziehen wir sehr viele Blicke auf uns und kommen uns wahrlich wie Paradiesvögel vor, oder wie die Bremer Stadtmusikanten oder so ähnlich…
Schnell werden wir darauf aufmerksam gemacht, dass doch Miraflores und besonders Barranco die coolsten Stadteile von Lima seien und so machen wir uns bereits am 2. Tag auf und tun es wie so viele Touristen in Callao – nicht lange hier bleiben, was auch erklärt, dass man trotz Flughafennähe in so manchem Strässchen eine echte Sensation zu sein scheint.
Leben in Peru – Verkehr und „Start ups“
Der Verkehr in Peru – und ganz besonders in Lima – ist völlig balla. Es verkehrt quasi jeder mit jedem, denn es scheint keinerlei Vorfahrtsregeln und Straßenbegrenzungen zu geben und aus der Vogelperspektive muss eine große Kreuzung in Lima aussehen wie ein Ameisenhaufen. Noch dazu kommen die ganzen urigen Fahrzeuge, 3-Rädrige Mototaxis, völlig überladene Kleintransporter, auf denen nicht nur gefährlich schlecht gesicherte Ware, sondern oft auch ganze Menschenansammlungen sitzen. Dazwischen sieht man immer mal wieder flitzende Passanten, die versuchen, die Straße zu überqueren; was aus deutscher Perspektive völlig lebensmüde scheint, ist hier gängige Praxis. Insgesamt alles Bilder, die man vielleicht von indischen Großstädten erwartet, aber auch hier ganz sicher findet. Oft ist so ein Tag in der Stadt auch sehr anstrengend, denn der Lärm ist wirklich krass. Die Peruaner benutzen ihre Autohupe nicht nur in Gefahrensituationen oder bei Unaufmerksamkeit wie bei uns, sondern vor allem um ständig auf sich aufmerksam zu machen. So hupt jeder Bus und jedes Taxi einfach provisorisch, sobald es an Passanten vorbeifährt, um sie als Kunden zu werben. Es gibt gefühlt mehr Taxis in Peru als private PKW’s, denn jeder kann hier einfach sein Auto als Transportdienst anmelden, was auch eine der beliebtesten Geschäftsideen zu sein scheint, wenn man die völlig übertriebene Anzahl an Taxis in Betracht zieht. Völlig abstruse Geschäftsideen gibt es hier wirklich zuhauf, denn die Peruaner verstehen es wie kein Zweiter aus allem Geld zu machen, was aus touristischer Sicht nicht selten für große Belustigung sorgt. Eine alte Gammelwage in der Fußgängerzone, auf der man sich gegen Geld wiegen kann oder ein rosa Sparschwein Verkäufer sind nur 2 von zahlreichen Beispielen, die ihr in unserer Videoblockrubrik „Die besten Geschäftsideen“ sehen könnt.
Miraflores ist wohl der touristischste, modernste und wohlhabendste Stadteil von Lima. Viel sauberer, wesentlich urbaner und insgesamt doch recht gewohnt westlich. Im Malecón de Miraflores, dem langen Küstenstreifen mit vielen Grünanlagen versehen, tummeln sich Sportler, Hippie-Yogakreise und Slack-Liner, ein Stadtbild, das uns schon aus Freiburg vertraut ist.
Barranco, Lima – Backpacking und Straßenmusiker Paradies
Wirklich cool aber ist tatsächlich Barranco. Es gibt eine sehr lebendige und gern gesehene Musikerszene. Im Zentrum vor dem Starbucks steht ein eigens für Straßenmusiker eingerichtetes Pavillon mit Strom unter dem täglich mehrere Bands im Wechsel für Unterhaltung sorgen. Das Publikum ist in der Regel zahlreicher und aufmerksamer als wir es schon anderswo erlebt haben. In Windeseile lernen wir schon innerhalb unserer ersten Wochen zahlreiche lokale Musiker kennen, werden auf Jams, Konzerte oder als Vorband für Gigs eingeladen. Schon jetzt bewahrheitet sich so langsam der große Vorteil, den das Reisen ohne Zeit- und Routenplan mit sich bringt. Die Spontanität und die Möglichkeit, jederzeit auf Impulse reagieren zu können. Einer unserer Weggefährten in Lima, Mauricio, sprach uns einfach beim Proben im Park an, hörte uns ein Weile zu und organisierte uns daraufhin mehrere Konzerte auf größeren Bühnen der örtlichen Kunstmessen oder zusammen mit seiner Reggaetonband En encaje Perfecto. Fast täglich essen wir zusammen und lernen auch seine ganze Familie kennen. Luzmaria – eine professionelle Sängerin – nimmt uns mit in ihren Gruppenunterricht, und neben der Möglichkeit, ein kleines Konzert für ihre Klasse zu spielen, nehmen auch wir noch einige nützliche Tipps für unsere Engelsstimmchen mit. Ein weiterer Höhepunkt der Reise ist sicherlich die Bekanntschaft zu zwei Schauspielern der lokalen Telenovela Szene Limas, Mauro Ramirez und Nico Argolo. Mauro Ramirez spielt in der peruanischen Soap Mis Tres Marías mit, die das was sie vielleicht an Anspruch einbüßt(vgl. GZSZ/Marienhof) auf alle Fälle an Reichweite wieder wettmacht und so ist er landesweit im Fernsehen zu sehen und wir konnten ihn auch schon in dem ein- oder anderen Restaurant übers TV begutachten. Ihm gefiel unsere Musik so sehr, dass er uns auf ein Fantreffen im Malecón Miraflores mitgenommen hat um für musikalische Unterhaltung zu sorgen. Was kann uns besseres passieren, als so unter die Leute zu kommen?
Auch mit unseren 2 Schauspielern entwickelt sich fortan eine innige Freundschaft, die uns natürlich auch viele interessante Türen geöffnet hat. So haben wir durch sie beispielsweise das spirituelle Peru hautnah kennen lernen dürfen mit Schamanen, Riten für Pacha Mama (Mutter Natur) und allem, was dazugehört. Dies könnt ihr in unserem Videoblog Nr. 8 sehen.
Peruanische Schamanen und traditionelle Heilung
Die Peruaner haben besonders in den etwas ländlicheren Gegenden noch ein sehr ursprüngliches Verständnis zum Thema Natur und Heilung. Längst nicht so manipuliert von den großen Pharmaindustrien und den damit verbundenen, sehr chemischen Heilansätzen, gibt es hier noch ein sehr tief verwurzeltes Wissen über die Kraft von Heilpflanzen. An jedem Markt werden Unmengen von Kräutern verkauft und oft muss man nur seine Krankheitssymptome beschreiben und ein altes Mütterchen stellt einem umgehend eine Kräutermischung zusammen, die als Tee getrunken wirklich hilft. Fast selbstverständlich scheint hier das Wissen über Heilpflanzen, die im Kampf gegen Krebs 10x so effektiv wie eine Chemotherapie sein sollen. Es gibt sogar einige Ökostationen, in denen diese Pflanzen auf ihre Heilwirkung untersucht werden. Große Fans sind wir mittlerweile von den im Video zu sehenden Emoliente-Ständen geworden. Das sind kleine, mobile Verkaufsstände, an denen ein von der Bevölkerung schon fast als vollwertiger Arzt anerkannter Naturheilkundiger sein medizinisches Gebräu mit allerlei heilsamen Früchten, Kräutern und Samen verkauft. Nicht nur einmal hat uns so ein Zaubertrank von Miraculix, wie wir ihn mittlerweile liebevoll nennen, unseren Allerwertesten gerettet, denn die berüchtigte Magen-Darm-Infektion hat auch uns schon ein paar Mal erwischt. Die Hygiene und die Bakterien hier sind einfach völlig anders als in Deutschland, da kann man noch so vorsichtig sein – irgendwann erwischt es jeden einmal. Umso schöner ist es, dass man nicht sofort Antibiotikum und andere chemische Hämmer angeraten bekommt, sondern solch ein Emoliente – und die Erfahrung zeigt, es hilft wirklich.
Wenn man eine so andersartige Kultur wie die peruanische wirklich verstehen möchte, hat das längere Bleiben an einem Ort schon einen gewaltigen Vorteil: Es bilden sich Alltagsrituale und Routinen, unser Stammplatz bei unserem Lieblings-Almuerzo im kleinen Mercado um die Ecke, der kleine allmorgendliche Smalltalk mit dem alten Mütterchen von der Lavanderia (Waschküche), und nicht zuletzt unsere Probesessions im Park gehören dazu.
Kinder in Peru
Spontan beim Proben binden uns Kinder in ihr Spiel ein. Auffällig ist, wie viel offener und unängstlicher die Kinder hier auf uns Fremde zugehen. Sie lächeln einen meistens an, brabbeln drauflos und haben keinerlei Berührungsängste. Es ist nur Spekulationen, aber wir glauben, es hat was damit zu tun, dass hier diese „Angst- und Vorsicht-Erziehung“ à la „Steig nicht in unbekannte Autos ein“, „Geh mit niemandem mit, den du nicht kennst“, „Fass das nicht an“, „Dies und das ist gefährlich“, etc. einfach nicht so präsent ist, wie bei uns. Es ist schön zu sehen, wie schnell man trotz Sprachbarrieren angenommen wird, „fremd“ fühlen wir uns bei diesen Kindern nie, und diese Unvoreingenommenheit und Offenheit scheinen die meisten Peruaner auch im Erwachsenenleben zu behalten. Unsere Erfahrungen mit den Kids und dem Alltagsleben in Barranco könnt ihr in unserem Videoblog Nr. 7 sehen.
Es sind eben meistens doch mehr die Menschen, als die Orte, die uns bleiben lassen und so sind wir trotz wahnsinnig versmogter Luft, heruntergekommenem Stadtbild und unglaublich lautem Verkehrslärm ganze sechs Wochen in Lima geblieben. Faktoren, die unter klassischen Urlaubskriterien sicherlich zu einem schnellen Weiterreisen geführt hätten, wäre da nicht die Musik und ihr immer wieder überraschendes Potenzial, Verbindungen zu den lokalen Bewohnern herzustellen und damit der typischen „Touri-Blase“ zu entkommen.